Reise
mit der Spray von Arnemuiden nach Ramsgate, door: Dr. Reinhart Förster Vom 5.7.1999 –
21.7.1999 mit 25' Storfidra‘ Midget’ Vorbemerkung Warum die Reise allein und jetzt, wo Sebastian in Skandinavien und Heide in USA ist? Es ist ein günstiger Zeitraum, der Wind scheint günstig, die Spray ist in gutem Zustand, ich bin in gutem Zustand, schon lange träume ich von frischen fish and chips und english beer, die wiederholte Lektüre von Joshua Slokum heizt die Träume an, Salzwasser unbegrenzt zu haben und die Fehler früherer Nordsee-Überquerungen zu vermeiden – d. h. zu wenig Kondition und Vorbereitung, Fehler beim Reffen und Fok-Wechseln, der Wettererkundung, der Decca-Navigation. Handy, GPS, Internet-Wetterkarte, Üben der Vordeck-Operationen mit und ohne Schwimmweste und life-belt, stilliegend - es geht mir darum, das alles neu zu erproben und die Eigenschaften der Spray zu erfahren und zu nutzen. Die Nachtfahrt, um rechtzeitig bei der Reunie zu sein, ist zwar lästig aber für den Betrieb auf hoher See und an der englischen Küste ohnehin unvermeidbar. Natürlich ist Angst dabei, unkalkulierbare Risiken einzugehen, irgendwann mit den Kräften oder der Konzentration am Ende zu sein, aber dieses Risiko auf andere abzuwälzen ist mir nicht kosher, die Verantwortung habe ich in jedem Fall, und der Reiz, es allein zu schaffen überwiegt am Ende. Ablauf der Reise nach
Logbuch Auslaufen aus dem Hafen Arnemuiden Bis 10.00h hat es die Nacht durch ununterbrochen geregnet, danach blieb es trocken Der Wetterbericht meldete einen Hochdruckkomplex über Deutschland und einen tiefausläufer von Frankreich nach den Scillies ziehend, NW 2 – 4 später variabel – das klang ungünstig, um nach Norden zu fahren und günstig für die belgische Küste, wobei ich mir die Option Dünkirchen und Boulogne offenhielt. Einige Tage Akklimatisierung würden gut sein. Kurz nach dem Auslaufen qualmte der Motor unangenehm, im Auspuff traten wiederholt erhebliche Rußemissionen auf, das linke Bullauge hatte sich in der Nacht als undicht erwiesen und das Log zeigte nicht an. Außerdem kam der Motor nicht auf Touren, lief offensichtlich nur auf zwei Töpfen und das Schiff zog stark nach backbord. So ging ich an den Steg auf Arneplaat, um erst einmal das Log gangbar zu machen. Die Schraube war ca 5 – 8 mm stark mit Pocken besetzt, ich schabte sie mit dem „Küchengehilfen" frei, dichtete das Bullauge mit Silikonkleber, was im letzten Jahr bereits steuerbord funktioniert hatte.Dann telefonierte ich mit den Ouden, Schiedam und ließ mir Vetus Händler in Vlissingen und Zierikzee nennen, wobei der Vlissinger offenbar der ausgebucht und erst im 15.50 Schleuse Kats und auf der Oosterschelde einige Spielchen mit Waypoints Bis zur Zeelandbrug gekreuzt, danach 2 – 3 Schläge bei ablaufendem Wasser bis zur Roompotsluis. 20.45 Betonhaven bei stetigem NW 3 – 4 2. Tag (Dienstag) 6.
7. 99 3. Tag (Mittwoch) 7. 7. 1999 Einkaufen in Oostende. Verpflegung einfach, Seekarten nur im Schiff-Shop 6 km entfernt im Fischerei-Hafen und zusätzlichen 2 Schleusen-Manövern. Das Ausschleusen um 11.00 nahm schon viel Zeit, und da der Wind auf W gedreht hatte mit 1 – 2, sah ich lieber zu, daß ich Richtung Nieuwpoort kam , wo ein shop direkt am Wasser liegt. Oostende ist ein nettes Städtchen, es würde sich lohnen, dort noch einmal etwas mehr Zeit zu haben. Längs der Küste mit Strom nach SW 1 – 2 kn unproblematisch, die Einfahrt in Nieuwpoort mit starkem Südstrom um ca 19.00 4. Tag (Donnerstag) 8. 7. 1999 Wetterbericht 7.20h auf Kanal 27: 1-2 var, später zunehmend N-NE 3 – 4, diesig Klingt gut für Ramsgate. Später wurde NW erwartet . Ansonsten Rückweg über Lowestoft-Ijmuiden. Karten bei West Chandler gekauft um 9.00h, am Steg bei stilliegendem Strom. See ist ruhig, also los um 9.15 h. Geplant ist, die 53 sm nach Ramsgate in 12 h zu machen, d. h. im Durchschnitt 4,5 kn. D. hieß, gelegentlich den Motor beizusetzen. Am Ende waren dann doch 10,7 Mu herausgekommen, da der Wind überwiegend aus N kam mit weniger als 3, überwiegend 2, ab 14.00h 0 – 1 war. Wegen des SW-Stroms (0,5 – 1) mußte ich etwa 290 WNW anhalten. So ging der Kurs über die Tonnen Buiten Ratel, Ruytingen Noord, Sandrettie E und Goodwin E. Bei Buiten Ratel rauschte ein Hoover Craft von hinten heran, was wohl eine leise Um 14.00 tauchte vorne ein dunkler Streifen im Wasser auf. Näherkommend bemerkte ich lebhafte Wasserbewegung mit kleinen schäumenden Wellenköpfen über eine Länge von 150 m, Links und rechts weit ausgedehnt. Das sah nach Untiefe aus. Von der Oosterschelde her dachte ich an 5 m. Aber der Adrenalin-Spiegel stieg doch beträchtlich und ich behielt das Echolot scharf im Auge. 24-20-12-9-9-9-9. Das war’s. Ruytingen. Um 16.30 bin ich bei Sandrettie durch die separation zone halb durch und hatte 15 Schiffsbewegungen, davon 10 vorne. Auf der bank war wieder lebhafte Wasserbewegung nach 36 auf 12 m Tiefe. Danach wechselte das Wasser plötzlich die Farbe von seegrün auf tiefblau. Das war berauschend ! Das Handy zeigte jetzt das französische Netz an. Bei South Falls würde ich den five’o clock tea einnehmen, mit 1 Stunde Verspätung. Die Schiffsbewegungen nach NE waren scheinbar geringer. Die South Falls selbst mit 5 m Wassertiefe wie eine Türschwelle vor dem vereinigten Königreich und leicht kochendem
selbsteuerung Schluß SW anhalten mußte. An der Hafeneinfahrt war es ganz schön lebendig 5. Tag, 9. 7. 99, Freitag Entscheidende Frage: Wohin dreht der Wind? Das Wetterfax sagte für Freitag
Mit halbem Wind und munterem Seegang die Küste hoch entlang den Kreidefelsen Richtung Thamse Estuary, Kentish knock und Long Sand. Erstaunlich viel Schiffsverkehr in Höhe Margate, allerdings nicht Übersee, sondern eher Küstenmotorschiffe, d. h. als Schiffe noch erkennbar. Ich beschloß zu unterscheiden zwischen Schiffen und Frachtfabriken. Es lief königlich mit 5 –6 kn und ich beschloß es beim Segeln an diesem Tage zu belassen und mit dem Strom zurück nach Ramsgate, um doch noch fish and chips zu fassen. Kentish knock und Long Sand kamen nicht in Sicht. In den Hafen zurück gegen 18.00 , diesmal in eine Box, bezahlt, liegend neben einem Holländer, vertraute Klänge, fish/chips an Bord mit Rest Wein und Grolsch und Genever. Reiseplanung für die Rücktour Samstag/Sonntag nach IJmuiden, dann mit Wind aus W? 6. Tag, 10. 7. 1999, Samstag Zeitig 6.00h auf den Beinen, Wetterbericht auf Kanal 26 ist Fehlanzeige. Auf 198 der Strom ohnehin erst ab 11.00 günstig ist. Später höre ich, daß England alle marifoon-Kanäle in diesem Jahr geändert hat. Nicht sehr charmant. Der Wind, der ist, weht unverdrossen aus nordöstlicher Richtung, im Hafen schätzungsweise mit 2 – 3. Das Weterfax sagt unverdrossen Wind von Westen im Laufe des Tages, also los Richtung Ijmuiden. 7.45 Auslaufen Ramsgate mit einem gewissen mulmigen Gefühl, das aber in dem dann frischen Morgenwind schnell verweht. Es hat sich bereits ein beträchtlicher Seegang vor der Hafenausfahrt aufgebaut in der Nacht, das mögen so 1,5 m sein. Erst nach beisetzen des Großsegels legt sich die Spray so auf die Seite, daß es einigermaßen trocken bleibt in der Plicht. 8.30 frischt es auf bis NE 4, es läuft hart hoch am Wind, vorläufig sieht es nicht nach Änderung aus und die 129 sm bis Ijmuiden sind nur mit beigesetztem Motor ohne eine zweite Nacht zu schaffen. Sollkurs 40°, günstigster Segelkurs 100/350° bei dem Seegang ohne Motor und 80/10° mit Motor. Ich setze das erste Reff, um zu probieren, wie es läuft. Es läuft erheblich besser, weniger Wasser, weniger Gewalt. 12.00 südlich Kentisch knocks setze ich die Fock und fahre 90°, noch 123 sm bis Ijm. Das kann ja heiter werden. Aber das Wasser ist jetzt wieder auffallend blau, es ist sonnig, warm, Dünung länger, 2 – 3, Stimmung hervorragend, wenn der Westwind nicht einsetzt, bleibt immer noch die Option, Lowestoft anzusteuern. Von hier bis Lowestoft noch 56 sm, das bedeutet Ankommen in der Nacht. Das wäre nicht gemütlich. Ich neige doch eher dazu, jetzt ab und durch. Ziel ist, die Reunie pünktlich zu erreichen. Kurs segelnd 85°, also Motor ab. Das läuft jetzt ganz gut, Strom geht mit also 4 –5 kn über Grund 16.00 wieder mit Motor auf Kurs 55°, um den 5 o’clock tea vorzbereiten. Klappt, mit stroopwafels und Genever, Stimmung top, egal was kommt. 17.00 57 m Wassertiefe auf 51°37,3‘/ 2°1,5‘ da kommt schon ein bißchen Watte in die Knie. Das ist ein Graben östlich der North-Falls in N-S-Richtung der etwa 25 sm bis Outer Gabbard geht. Um 17.30 nähert sich ein großes Objekt meiner Kiellinie von S. Im Wasser taucht jetzt viel Tang und besondere Algenformen auf, vermischt mit Holz Resten, Plastikflaschen, Folienresten, Verpackungsmaterial, Tauwerk. Das sieht gar nicht mehr freundlich aus. Das Objekt kreuzt meinen Kurs langsam ca 300 m vor mir und ist ein rostiger, riesiger schätzungsweise 150 000 t Kahn, mit irgendwelchen nicht identifizierbaren Aufbauten und heißt EUROPE MINERAAL und fährt unter belgischr Flagge. Ich würde mich nicht wundern, wenn er Sondermüll-Verbrennungs-Schlacken verklappt. Hier draußen ist außer mir niemand. Aber ehe ich das so richtig realisiere, ist er schon zu weit zum photographieren. Aber ich sehe ihn noch 2 Stunden lang. Noch 108 sm bis IJmuiden. Ich versuche den Holländischen Wetterdienst über Handy zu erreichen, stelle aber verblüfft fest, daß hier draußen keine Netz-Verbindung mehr besteht. Auf den Gedanken, Kontakt mit der Europe Mineraal zu versuchen bin ich merkwürdigerweise nicht gekommen ! Merke... 20.00 Vorbereiten auf die Nacht. Lowestoft ist jetzt erledigt. Endgültig Ijmuiden ansteuern, entlang der separation zone, die jetzt etwa 5 sm östlich durch einige Schiffs-Bewegungen in Sichtweite kommt. Nachts wird ohnehin der Motor beigesetzt wegen Licht, Batterie und autohelm, sodaß ich auf Kurs 55° gehen kann. Die Fock lasse ich stehen, weil sie vom Toplicht angestrahlt wird. Ansonsten einige Vorbereitungen auf die Nacht: Warme Sachen, Ölzeug, Geräte-Beleuchtung, Positionslichter checken, Getränke, Knabberzeug, Karten zurechtlegen. Die Nacht kommt nicht plötzlich. Erst um etwa 23.30 verschwindet der Horizont, wird das Wasser schwarz und häufen sich die Lichter. Das ist die kritische Phase, wo ich regelmäßig den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe. Aber glücklicherweise ist alles weit weg und genug Zeit zum Sortieren. Überraschend stelle ich fest, daß nicht nur an steuerbord Lichtbewegungen sind, sondern auch mitschiffs voraus und nach achtern, ja sogar an backbord, wo eigentlich alles schwarz sein müßte. Ich kann mir daraus keinen Reim machen und bin reichlich irritiert, weil ich vorher bis auf die Europe Mineraal backbord nichts gesehen hatte. Und auch die habe ich schon längere Zeit hinter mir gelassen. Irgendwann sehe ich achtern grün-rot, langsam sich vergrößernd, also auf mich zufahrend. Dann verschwindet grün langsam, und das Objekt passiert mich nach 30 min steuerbord. Gegen 1.00 überschlagen sich einige Ereignisse: Wieder rot-grün von hinten, sich nähernd, schiebt sich so langsam von steuerbord heran, daß ich annehme, er fährt fast meine Geschwindigkeit. Als er auf meiner Höhe ist, fast gleich schnell, nähert er sich mir, so daß ich abdrehe, um auszuweichen, sobald es mir unheimlich wurde. Nach etwa 30 min nehme ich wieder den alten Kurs. Er ist immer noch gleich auf mit mir, und nähert sich erneut. Das ging noch eine ganze Weile so. Erst um 3.00 entfernt er sich nach E. Inzwischen fährt backbord achtern ein rotes Licht, offenbar weit entfernt. Ich behalte es im Auge. Es passiert mich nach 30 min etwa backbord(!), bleibt dann aber auf gleicher Höhe mit mir und wird schnell größer. Bald erkenne ich eine Tafel mit 9 roten Lichtern. Er bleibt zurück und quert meine Kiellinie achtern Richtung E, das rote Licht ist immer sichtbar, ein grünes erkenne ich nicht. Dann passiert er mich steuerbord zügig, quert meinen Kurs etwa ½ sm voraus, fährt eine Zeitlang backbord neben mir und entfernt sich dann nach W, ist aber immer noch deutlich sichtbar. Weit im NW, backbord voraus erscheint ein gewaltiges Lichtermeer, vielleicht eine Bohrinsel ? Ich stelle fest, daß ich durch den jetzt mit 2 kn nach S gehenden Strom in die precautionary area Noord Hinder abgedriftet bin und daß das Lichtermeer zum Lichteiland Noord Hinder gehört. Um nicht zuviel Zeit zu verlieren, gehe ich höher an 50° und lasse Noord Hinder backbord liegen. Das Schiff mit der 9- 7. Tag, 11. 7. 99, Sonntag. Position 51°42,7‘, 2°26,2 in der Nähe taucht eine Tonne auf, die ich als EURO entziffere, d. h. ich befinde mich mitten in der Eurogeul, die ich nun schleunigst Richtung NW zu verlassen versuche. In der Bilg ist jetzt mehr Wasser, bei nächster Gelegenheit die Stopfbuchse kontrollieren. Der Wind hat weiter aufgefrischt aus NE, der Seegang ist kurz und heftig und ich bewege mich mit max 2,5 kn über Grund. Um 9.00 zischt ein Hoovercraft dicht an steuerbord an mir vorbei Richtung WNW. Langsam fange ich an, mich nach der Küste zu sehnen, aber das ist natürlich nonsense, denn IJmuiden ist noch 60 sm entfernt. Das Navigieren mit Karte ist schwierig geworden, da auf diesem Kurs immer mehr Spritzwasser von oben (!) auf mich herunterkommt. Kleine Brecher klatschen irgendwo gegen die Bordwand, steigen als Fontänen steil hoch, und fallen ebenso steil wieder herunter. Irgendein fettiger Geruch stört mich. Als wenn eine Bratpfanne überläuft. Aber da ist keine Bratpfanne. Er kommt aus dem WC-Raum, ein Gemisch aus Schmierfett und Diesel? Ist etwas undicht geworden? Seit Ramsgate bin ich 17 Motorstunden gefahren. Stilliegen und in den Motorraum schauen. Es ist nichts besonderes festzustellen. Natürlich ist es heiß dort unten. Am Zylinderkopf hat sich ein dünner Rußfilm gebildet, der offenbar den Geruch erzeugt. Ölstand o.k., Kühlflüssigkeit läßt sich bei der heftigen Bewegung nicht genau checken oder beifüllen. Sobald es etwa ruhiger wird – hoff‘ oh Du arme Seele – muß das gemacht werden. Wenn jetzt doch etwas am Motor ist, kenne ich in Ijmuiden keine Werkstatt. Das bringt mich auf den Gedanken, Scheveningen anzulaufen. Das hätte auch den Vorteil, daß in Kürze der Kurs 90° goed bezeild ist, denn der Wind hat etwas auf NNE gedreht. Möglicherweise steht er morgen vielleicht auf NW, so daß ich zügig von Scheveningen nach IJmuiden komme. Zunächst aber bin ich noch im Ankergebiet von Maasgeul und ca 35 sm von Scheveningen entfernt. Das ist verwirrend. Ständig umgeben von 5 – 10 liegenden Objekten, von denen sich jederzeit eines unmerklich in Bewegung setzen kann in von mir nicht vorhersehbaren Richtungen. Das nervt. Das demoralisiert. Ich denke nicht mehr daran das Logbuch ordentlich zu führen. Ich giere nach dem ersten Lebenszeichen der Küste. Immerhin kann ich den Motor jetzt entbehren. Aber die Spray läuft hart gegen die kurzen Brecher von backbord. Ich stecke das zweite Reff. Das hilft. Es kommt nicht mehr so viel Wasser. Nur noch die steilen Fontänen. Und es geht schneller. 4,5 – 5 kn. Um 13.00 wechsele ich die Sturmfock ein. Es ist warm. Es läuft jetzt mit 5,2 kn hervorragend. Ich kann wegen des Stromes nach NE auf 100° gehen. Um 18.00 die Schornsteine des Kraftwerks Maasflakte. Befreit! Heimatgefühl kommt auf. Ich fange an, wieder zu genießen. Das Gewimmel der liegenden Objekte stört mich nicht mehr. 19.00h Immer noch 15 sm bis Scheveningen. Die Objekte nehmen langsam wieder die Abmessungen und Formen normaler Schiffe an. Manchmal sind schon reine Flußschiffe mit 1000 – 2000 brt dabei. Einmal kreuzt ein Patrouillen-boot der Marechaussee vorbei. Immer noch steigen die Wasserfontänen und fallen auf mich herab. Aber jetzt ist das angenehme Kühlung und längst nicht mehr lästig. 19.30 der erste blasse Küstenstreifen und bald danach die Türme von Scheveningen. So muß sich Noah gefühlt haben, als die Taube mit dem Ölblatt kam. Der Wind kam immer noch aus NNE Der Leuchtturm von Scheveningen stand immer noch so mißverständlich seitwärts von der Hafeneinfahrt. Das Kasino und die Brücke waren wie immer erst ganz zu Schluß zu erkennen. Die Leitbetonnung war wie immer erst verständlich, als es nicht mehr nötig war. 22.00h An der Hafeneinfahrt stand inzwischen ein gehöriger Strom nach SW Ich machte an dem ersten besten (deutschen) Boot in der engen Hafendurchfahrt fest, um alsbald von einem netten Hafenmeister sehr bestimmt in eine kleinere Nische umdirigiert zu werden: die große sei für größere Schiffe, die noch kommen würden, vonnöten, er müsse mit dem Platz sparsam umgehen. Endlich normale Verhältnisse. Es war ein holländisches Boot und ich wurde in brillantem Deutsch und einer Flasche Bier begrüßt. Ich hatte vergessen, die englische Zollflagge einzuholen. Jetzt mußte ich erst einmal berichten. Ich wollte ins Bett fallen, mußte aber feststellen, daß alles einigermaßen naß war. So wechselte ich das letzte trockene Zeug ein, hatte gerade noch zwei Flaschen Kölsch, um mit dem netten Nachbarn zu teilen, schrieb das Logbuch, genoß die Ruhe: Ich war doch ordentlich aufgedreht, probierte die Duschen und Toiletten mit der Code-Nr aus und genoß den Abend. Es wurde still und ich hatte eine Nacht aufzuholen. Matjes gab es natürlich nicht mehr. Ich dankte dem Herrn für Bewahrung und für alles Erleben und die Schönheit des Meeres. 8. Tag, Montag 12. 7. 99 Trocknen, was feucht ist, das bedeutet fast alles bewegliche an Deck, es sieht bunt aus. Ich stelle fest, daß durch das Vorderluk auch einiges Wasser eingedrungen ist, obwohl das bisher noch nie passiert ist, auch wenn ich die Klappe nie festsetze. Aber so viel Bewegung und Wasser aus allen Richtungen war wohl zu viel. Getränke einkaufen, Obst, Gemüse. Einen 52er Schlüssel gibt es nicht, wohl aber eine große Pumpenzange. Stopfbuchse nachgezogen. Marifoon-Kontakt mit Radio Scheveningen auf Kanal 28 geht nicht, kein Wetterbericht. Von 8 – 14.00 geht der Strom nach SW, also Auslaufen erst mittags. Mit Strom rechne ich für die 30sm 6 Stunden, d. h. die Reunie würde ich erst am Dienstag erreichen. Jammer, kein barbecue in Naarden. Über Handy nehme ich Kontakt mit Jan auf und melde mich ab. Wir verabreden erneut am Dienstag morgen Kontakt aufzunehmen, wenn der Tagesplan bekannt ist. Wind unverändert NNE. Windvorhersage unverändert nachmittags nach NW drehend. Das ist nun schon seit drei Tagen so. Also die Küste mit Strom hoch kreuzen. Ich entscheide mich für wenige große Schläge bis 12 sm außerhalb der Küste. Verblüfft stelle ich fest, daß das Ankergebiet unübersehbar offensichtlich bis Ijmuiden hochgeht. Der Seegang ist nach wie vor sehr kabbelig, das ist auch im Nahbereich der Küste nicht anders, es läuft etwas träger als gerechnet. Ijmuiden ist nachts mühsam zu identifizieren, in dem Lichtermeer sind die Tonnen nicht gut zu erkennen, obwohl, mit 90° E ist es an und für sich sicher. Aber das Herantasten kostet doch Zeit, Schleuse passiert um 0.05, das ist der 9.Tag , Dienstag 13. 7. 1999 6.15 Start Für die Kanalfahrt habe ich keine Karte, so markiere ich einzelne waypoints für die Rückfahrt. Reger Verkehr auf dem Kanal, neu das Tragflächen/Gleitkufenboot aus Urk mit etwa 30 kn. Also Kopf immer noch auf 360° eingestellt. 9.00 Sixthaven, Versuch, Jan zu erreichen, bleibt in der mailbox hängen. Ich kündige an, es 30 min später erneut zu versuchen. 11.00 Pampus Es bleibt spannend, kein Handy-Kontakt, keine Flotte in Sicht, kein Marifoon, also beschließe ich, mich inder Nähe der IJM 15 – Tonne auf die Lauer zu legen. Die erste Midget, die ich sichte, ist die Troll. Ich spreche sie an, sie gehört zu reunie, hurra, zu meiner Verblüffung sind es Deutsche, so daß ich erst umschalten muß, ich höre, daß Naarden Ruhetag hat, das paßt, wir probieren marifoon-Kontakt auf Kanal 77, klappt auch, plötzlich klappt alles wieder, nach einigem Suchen finde ich die Flotte, zwischendurch noch die Liberté gesichtet, und mache an der OBERON fest, hervorragend betreut von Paul und Frans, Jeltje und Sjoerd. An den Namen habe ich noch zu kauen. Es ist heiß und heiß ist auch die Begrüßung. Monica versorgt mich als erstes mit hervorragenden kalten Resten des barbecues, die ich gierig genieße. Rest Grolsch. Rest Ketel 1. Zuhause. Mittagsschlaf. Duschen. Feiern. Besuch von Joop und Sonja. Feierliches Essen mit Sonjas Salat und dem Steak aus Scheveningen. 10. Tag/ 3. Reünie-Tag 14. 7. 1999 Ausschlafen, Mittags auslaufen nach Monnickendam Auch auf dem Ijsselmeer weht es heftig jetzt !!! aus NW und die SPRAY fliegt an Marken vorbei in die Gouwzee Neue Schiffe, neue Namen, natürlich fehlt mir Sebastian, der die Namen immer schneller drauf hat als ich, aber die Familie ist verteilt über die nördliche Halbkugel von Skandinavien bis USA, also ist mein job, hier die Familie zu vertreten. Ich niste mich ein bei Joop und Sonja, bei Gerrit und Monica, bei Peter und Muriel, nehme Kontakt auf mit Hans und Jacqueline aus Arnemuiden, bei Peter und Gabi / TROLL, Philipp und Femmy kommen zu kurz. Landgang mit Familie Jan bis zum Hafenbistro. Das Land hat noch beträchtlichen Seegang. Mittags auslaufen nach Monnickendam. 11. Tag, 4. Reünie-Tag, Donnerstag, 15. 7. 99
Großes Frühstücks-piknik
Großes Frühstücks-piknik an Land. Eine revolutionierende Idee, man sieht sich zusammen, sofort ist der Überblick da. , jetzt geht die reunie wirklich ab ! 5. Reünie-Tag, Freitag, 16. 7. 99 Jean-Marie war schon nachts eingetroffen, hat aber vor lauter Schiffen die Spray nicht gefunden. Auslaufen nach Volendam etwa um 13.00h, Karten von der englischen Küste an Jan und Henk verliehen, die für die Haarlem-Route von Joop geliehen (Hollandse plassen) . Es weht warm von Westen, mit etwa 5, wir werden einen ordentlichen Schlag nach Hoorn machen. Erst aber laufen wir hinter der Hafenausfahrt beim Segelsetzen auf Grund. Nicht gerade ein Empfehlung für einen frischgebackenen Englandfahrer. Und gleich so fest, daß trotz Aussteigen und Krängen kein Loskommen möglich ist. Die Untiefe besteht aus einem großen Haufen Muschelschalen, mir scheint, die war künstlich. Um Gäste vom gegenüberliegenden Clubhaus fernzuhalten? Auf jeden Fall kein Hinweis in der Karte. Netterweise kommt von gegenüber dann schnell ein speedboat und zieht uns frei. Dann aber geht’s los. Mit 6,5 kn einmal die Bucht von Hoorn rauf und runter und als eine der letzten in Volendam. Das Abschlußdiner war genauso locker wie die ganze Reunie. Hervorragende Unterhaltung mit einer charmanten und hübschen Tischnachbarin. Dazu noch aus Haarlem. Ich dankte dem Herrn für die Gemeinschaft der Reunie, daß Jean Marie da war und fühlte mich glücklich und zufrieden. 6. Reunie-Tag, Samstag, 17. 7. 99 , 1. Rückreise-Tag Wind aus Südwest mit 4 – 5, also binnen. Schnell noch den waypoint Haarlem Abzweig vom Noordzee-Kanal bei Peter aus der Karte geholt, da ich natürlich auch keine Kanalkarte hatte – man kann ja auf so einer Reise nicht an alles denken und der Stauraum auf der Spray ist etwas beengt, obwohl meine Vorrichtung für Karten unter der Decke des Vordecks hervorragend funktioniert hat, nichts ist durcheinandergeflogen bei all den Turnübungen der Spray, und meine Beweglichkeit war zum Schluß auch so biegsam, daß ich alles problemlos erreichte. Übrigens haben sich die Einbauten für Geschirr, Ölzeug, Werkzeug und Anker und Tampen in der bun gut bewährt. Nur Handy und GPS müssen noch besser untergebracht werden. Dann der wieder herzzerreißende Abschied. Letzte Verabredungen,die natürlich immer in Gefahr geraten können, dann aber zügig auf nach Haarlem. Gesegelt bis Durgerdam, Brücken und Schleusen bei Amsterdam problemlos ohne Wartezeit, Kanalabzweig gut identifiziert dank GPS, und dann um 17.00 2 Stunden an der ersten Brücke gelegen. Die zweite war dann für den Tag bereits ganz zu. Übernachtung im WSV Ijmond. Ein etwas wichtigtuerischer Holländer ausgerechnet von der Konkurrenz aus Middelburg mit einem schönen 26‘ Motorsegler und einem vom Klang her pompösen Dieselmotor belegte am Passantensteiger mindestens 20 m Länge , so daß ich ihn bitten mußte, ein bißchen nach vorne zu verholen, was er mit einigen recht affigen Bemer-kungen quittierte. Nobody is perfect. Abends Sommerfest in der WSV, ein mittelmäßig begabter, dafür aber lauter Alleinunterhalter störte die Nachtruhe doch beträchtlich. Rückreise-Tag 2, Sonntag, 18. 7.
1999 Rückreise-Tag 3, Montag, 19. 7.
99 Rückreise-Tag 4, Dienstag, 20. 7. 99 9.00 auslaufen, 9.18 spoorweg-Brücke, SW 4 – 5, angekündigt noch mehr. Das heißt, uns erwartete noch etliches Kämpfen auf dem Hollandsch Diep, Volkerrak, Oosterschelde, der Motor würde unentbehrlich sein bis zum Schluß, keine Änderung in Sicht. Rein rechnerisch könnte es bis 22.00 in Arnemuiden reichen. Auf der Dordt’schen Kil mit Strom, das lief teilweise mit Großsegel ganz ordentlich. Erstaunlicher Wellengang am Eingang zum Hollandsch Diep. Viel Frachtverkehr, immer etwa 10 – 12 Schiffe auf- und abwärts, ab Noordschans wenigstens mit Großsegel. Das Wasser war hier ruhiger. Schleusen o.k., Volkerak mit Großsegel und Motor schlecht zu segeln, erst Krammer war gut besegelt, da ging es aber schon auf 16.00 Uhr zu und es war Ebbe hinter der Schleuse, so daß Kreuzen angesagt war gegen Wind und Strom bis zur Oosterschelde. Erstaunlich, daß noch für 1 h der Strom mit uns lief, erst dann setzte das auflaufende Wasserl ein und es wurde hart. Das Wetter war diesig geworden, der Wind hart aus SW, echtes Zeeland-Wetter, die Oosterschelde kannte ich so nicht, obwohl ich mich dort zu Hause fühlte. 2 – 3 m Seegang in Richtung Zeelandbrücke, das grenzte schon an Quälerei. Jean-Marie hielt sich hervorragend. An der Keeten B-Tonne entschied ich mich für das Brabantsche Vaarwater, um schneller unter Segel zu kommen und in der Hoffnung, daß dort nicht so viel Wasser stehen würde, besonders auf dem Stück vor Goes mit ablandigem Wind. Es kam anders. Beim Segelsetzen, 2. Reff und Sturmfok, meldete sich plötzlich ein Pfeifton und 5. Rückreisetag, Mittwoch, 21. 7. 1999 7.00 Start, bei Wind 0 – 1 aus West, Frühstück unterwegs, allein auf dem Wasser, es ist still, schön, friedlich. 10.00 h in Arnemuiden Haven Oranjeplaat ohne weitere Besonderheiten. Insgesamt gefahren 600 sm und 80 mu, um mehr zu segeln und weniger zu motoren, muß mehr Zeit zu kreuzen eingeplant werden, weniger feste Termine. Außerdem können die Sonnenschäden durch bessere Akklimatisierung/ kürzere Touren an den ersten drei Tagen vermieden werden. Es bleibt ein atemberaubend schönes und dankbares Gefühl, dieses Abenteuer heil und relativ gut gemeistert zu haben, die herrlichen Bilder von Meer und Küste, den Seegang in den Beinen, den Wind im Kopf, die Lust, erneut einzudringen in diese Welt. Wir dankten dem Herrn gemeinsam.
(reeds eerder geplaatst op 31 maart 2000)
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