____________________________________________________________________ 2350 seemeilen linksherum. In 100 Tagen um Brittannien. Herzlich dank Gerda & Ulrich Lauber für die text Bearbeitung !
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Eine Mooring für drei Wochen – zu Gast im ältesten Yachtclub der Welt Ein unerschrockener Segler ist YACHT-Leser Norbert Balzer. Mit seinem nur 5,85 m langen Spitzgatter, 20’ Midget, schipperte er von Cuxhaven nach Schottland. Das Fernziel war Irland. In der ersten Folge seines Reiseberichts schilderte er die Fahrt über die Nordsee und durch den Caledonian Canal in die Irische See bis Port St. Mary. Der Hafen ist Ausgangspunkt für die Ansteuerung Irlands.
Von Port St. Mary aus nehmen wir Kurs auf das knapp 70 Seemeilen entfernte Dun Laoghaire unweit von Dublin. Du Laoghaire besitzt weiträumige Hafenanlagen, Moorings für Yachten, einen versteckt liegenden Yachthaben und einen vornehmen Club.
Jetzt sind es noch 150 Meilen bis nach Cork, unserem Hauptreiseziel. Wir entschließen uns, die Strecke durchzusegeln. Bei günstigem Wind zieht die irische Ostküste schnell an uns vorüber. Überhaupt scheint etwas Wahres an der Erkenntnis zu sein, dass Reisen im Gebiet Nordsee, Irische See, Englische Kanal nicht mit, sondern gegen den Uhrzeigersinn unternommen werden sollten. Eingedenk meiner schlechten Erfahrungen während meiner letztjährigen Norwegen-Reise im Uhrzeigersinn, habe ich diesmal die Route genau anders herum geplant und werde prompt mit meist raumen und achterlichen Winden belohnt.
Bereits nach 36 Stunden haben wir die 150 Seemeilen hinter uns gebracht. Wir sind Gäste im Königlichen Yachtclub von Cork, dem 1720 gegründeten, ältesten Yachtclub der Welt und bekommen für die nächsten drei Wochen eine Mooring zugewiesen. Ein Ton mit dem Nebelhorn ruft den clubeigenen, kostenlosen Fährdienst herbei. Schüler und Studenten besorgen den Schiff-Land-Verkehr und sehen an Bord auch mal nach dem Rechten. In einem gemieteten Campingbus gehe ich auf Entdeckungsfahrt. Dirk dagegen macht sich in Irland auf eine Tramptour. Als wir nach 14 Tagen wieder an Bord vereint sind, strebt unser Sommertörn einem neuen Höhepunkt zu. Wir nehmen Kurs auf die Isles of Scilly. Da uns 14 Tage Landaufenthalt der Seefahrt etwas entwöhnt haben, laufen wir zunächst noch das benachbarte Youghal an, um am nächsten Tag endgültig Kurs auf die Scilly’s zu nehmen. Der Zipfel Atlantik, den wir dabei streifen, zweigt sich von seiner freundlichen Seite, allzu freundlich, wie wir meinen, denn wir quälen uns von Flaute zu Flaute. ____________________________________________________________________ Deutsche Flaggen haben in diesem Revier noch Seltenheitswert ____________________________________________________________________ 48 Inseln bilden die Gruppe der Isles of Scilly. Bewohnt sind jedoch nur die fünf größten. Erster Anlaufpunkt ist New Grimsby Harbour, unter dem man sich nun nicht etwa einen Hafen vorstellen darf, sondern einen unbefeuerten, schlauchartigen Meeresarm zwischen den Inseln Tresco und Bryher. Hat man Glück, kann man bei Hochwasser gleich weiter über das anschließende Tresco-Flach nach Hugh-Town auf St. Mary’s, dem betriebsamen Haupthafen der Scilly’s laufen. Bei Niedrigwasser ankert man gut und sicher in New Grimsby Harbour. Die Scilly’s sind etwas für Entdeckernaturen. Jede der fünf Inseln hat ein anderes Gesicht: Tresco ist tropisch bewachsen, Bryher eher karg und felsig. St. Mary’s touristischer Mittelpunkt. St. Martins flach und sandig. St. Agnes weist imposante Küstenformationen auf, die durch einen bei Niedrigwasser trockenfallenden Landrücken mit St. Agnes verbundene Insel Gugh ist reizvoll in ihrer Abgeschiedenheit und wechselvollen Landschaft.
Fünf Tage verbringen wir auf den Scilly’s. Dann laufen wir nach Penzance an der Küste Cornwalls, von wo aus Ela wieder nach Hause fährt, da ihr Urlaub zu Ende geht. Dirk und ich segeln allein weiter, zunächst zu den britischen Kanalinseln, 30 Stunden benötigen wir bis Guernsey. Wir machen im Hafen St. Peter Port fest – eine perfekte Organisation empfängt uns. Selbst jetzt, mitten in der Nacht, kreuzen Zöllner und Hafenmeister in Schlauchbooten umher, empfangen jede ankommende Yacht und lotsen sie ab Hafeneinfahrt zu einem vorläufigen Liegeplatz. Am Morgen, bzw. bei Hochwasser versucht dann jeder Eigner, sein Schiff im tidenunabhängigen Innenhafen unterzubringen, denn der Tidenhub beträgt immerhin neun Meter. Das Gedränge ist riesig. Nur schmale Gassen trennen die einzelnen Päckchen der Yachten voneinander. Da wir schon mal in der Nähe sind, wollen wir auch einen Abstecher nach St. Malo unternehmen. Durch schlechtes Wetter werden wir gezwungen auf Jersey Zwischenstation zu machen Der Hafen von St. Helier ist „synthetisch", ohne jede Atmosphäre. Er liegt weit außerhalb der Stadt am Rand eines Industriegeländes. Schließlich ist St. Malt erreicht. Bevor man in den tidenunabhängigen Hafen gelangt, muss man eine Schleuse passieren. Im Hafen selbst herrschen ähnliche Verhältnisse wie auf Guernsey. Dieses Revier liegt eben im Einzugsbereich zu vieler Länder: Iren, Engländer, Belgier, Holländer und Franzosen stellen das Hauptkontingent der Nationalitäten. Für deutsche Yachten ist dieses Revier wohl zu weit entfernt. Jedenfalls sind deutsche Flaggen nur vereinzelt auszumachen. In St. Malo passiert auch, was ich insgeheim längst befürchtet habe. Der Bootsmotor gibt seinen Geist auf und ist mit Bordmitteln nicht zu reparieren. Dennoch sind wir irgendwie erleichtert. Während sonst mit Sorge immer an den Motor gedacht wurde fällt diese Bürde nun fort. Die Manöver werden nur noch unter Segel gefahren. Das bringt nicht nur mehr Spaß und Abwechselung, sondern auch ein zusätzliches Erfolgserlebnis. Man strengt zudem auch seine Fantasie etwas mehr an, als nur nach der Devise: Segel runter, Motor an. Als wir in St. Malo die Leinen loswerfen winkt der Schleusenwärter entsetzt aus seinem Glashaus, denn wir wollen durch die Schleuse segeln……Doch wir drehen ab und lassen uns von einer Motoryacht schleppen.
Dann heißt es Kurs Isle of Wight. Zunächst laufen wir bei zunehmendem SW und schlechter werdender Sicht an der Westseite von Jersey vorbei, um dann zwischen Sark und Jersey vorbei, um dann zwischen Sark und Jersey nach Alderney zu gehen. Navigatorisch ist dieses Revier nicht besonders schwierig. Es gibt genügend Landmarken, Leucht- und Funkfeuer. Was jedoch unangenehm werden kann, das sind die vielen tückischen Strömungen. Die Seekarten enthalten zahlreiche Warnungen vor Stromkabbelungen und brechender See. Besonders das „Race of Alderney" zwischen Alderney und Cap de la Hauge ist berüchtigt. Bei diesen Wetter- und Sichtverhältnissen scheint mir die Durchfahrt zu gefährlich, und ich beschließe stattdessen, den Umweg zwischen Casquets und Guernsey zu nehmen. Dann setze ich Kurs ab auf den Needles Channel, die westliche Einfahrt zum Solent, der die Isle of Wight von der britischen Insel trennt. Wir errechen die Ansteuerung des Needles Channel in der Nacht. Vor der Südküste der Isle of Wight setzen heftige Ströme in Ost-West-Richtung und das ein- oder auslaufende Wasser des Sozungsbereich verursacht im Kreuzungsbereich dieser Ströme schon bei mäßigen Winden brechende See auf den angrenzenden Bänken. Sobald wir uns im Solent befinden wird das Wasser ruhig. Wie vorausberechnet, setzt der Strom brav in unsere Richtung und bald ist Cowes recht voraus. Nun wird es sich zeigen, ob wir auf den Motor verzichten können.
____________________________________________________________________ Bei Regatten steht die ganze Stadt im Zeichen des Segelsports ____________________________________________________________________ Das Einlaufen klappt bestens, und als wir auch noch ein sauberes Anlegemanöver unter Segeln schaffen, haben wir für Bootsmotoren nur noch ein geringschätziges Lächeln übrig. Hier in Cowes beginnen gerade die Regatten der Cowes-Week. Die ganze Stadt steht im Zeichen des Segelsports. Viel Zeit gönnen wir uns nicht, denn das letzte große Ziel vor unserer Heimreise wartet auf uns – London. In einer berauschend schnellen Fahrt passieren wir die englische Südküste, vorbei an den Kreidefelsen, bis Beachy Head. Durch den starken mitlaufenden Strom machen wir zeitweise mehr als 8 kn über Grund. In der folgenden Nacht segeln wir durch die Straße von Dover und erreichen am Morgen die Feuerschiff in der äußeren Themsemündung Der Wind hat sich auf West gedreht – schlecht für uns, denn nun müssen wir stromaufwärts kreuzen.
Wir nehmen den Weg über Feuerschiff „East Goodwin" und den Pricess Channel Richtung Hauptfahrwasser. Zweimal müssen wir uns vor Anker legen, um den Tidenstrom abzuwarten, dass haben wir es geschafft: Die „Mollymauk" liegt direkt vor der Tower Bridge, vor der Schleuse zum St. Katherine Yachthafen Wir haben das befriedigende Gefühl, etwas geleistet und uns London verdient zu haben. Vier Tage lang bummeln wir durch die Stadt, dann heißt es wieder: Segel hoch! Nichts hält uns jetzt mehr, wir wollen nonstop bis Cuxhaven durchsegeln.
48 Stunden später haben wir das Feuerschiff Texel erreicht. In der letzten Nachtfahrt laufen wir an den Ostfriesischen Inseln vorbei, am Morgen liegt die Elbmündung vor uns. Als wir die Kugelbake, das Wahrzeichen Cuxhavens passieren, haben wir 2350 Seemeilen zurückgelegt und 23 Häfen in vier Ländern angelaufen. Vorausschauend planen und kein Risiko eingehen, das ist das Erfolgsrezept für Langfahrten mit kleinen Yachten. Schiff und Crew sind wohlbehalten zurück. Was will man mehr? Erforderliche Seehandbücher und Karten Herzlich dank Gerda & Ulrich Lauber für die text Bearbeitung ! uit: het Duitse blad YACHT no 5 1979
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